19. Januar 2010

Hund im Bett

1  KOMMENTARE

Erziehung des Hundes aus verhaltensbiologischer Sicht   

Am Samstag, den 16. Januar 2010 fand in Krefeld ein spannendes Seminar mit PD Dr. Udo Gansloßer zum Thema "Erziehung des Hundes aus verhaltensbiologischer Sicht" statt.

Wieder einmal ist es Udo Gansloßer gelungen, auf gut verständliche, amüsante und spannende Weise Neues zu präsentieren und Altbekanntes zum Thema Erziehung in neuem Licht scheinen zu lassen.

Dabei ging es weniger um eine Kritik an gängigen Erziehungsstilen als vielmehr um eine Darstellung dessen, was Erziehung wirklich ist.

Allem voran stellte U. Gansloßer die Aussage, dass Erziehung nicht gleich Ausbildung ist. So ist unter Erziehung im Grund das "Gesellschaftsfähig-machen" des Hundes zu verstehen, während Ausbildung all die Elemente oder Aufgaben umfasst, die man dem Hund zusätzlich beibringen möchte, sei es Tricktraining, Agility oder Obedience - was auch immer ein Hund-Mensch-Team gerne gemeinsam macht.

Grundlegende Voraussetzung für die Erziehung des Hundes ist die Beziehung zwischen Mensch und Hund. Dabei obliegt dem Menschen die Aufgabe, Kompetenz zu beweisen, dem Hund die Richtung vorzugeben und Präsenz zu zeigen.

Im weiteren Vortrag ging es nun im Wesentlichen darum, welche Faktoren die Hund-Mensch-Beziehung beeinflussen und wie der Mensch mit unerwünschtem Verhalten des Hundes umzugehen hat.

Für Aha-Erlebnisse sorgte dabei das von U. Gansloßer vorgestellte Konzept der "Bestrafung und Versöhnung", wobei Bestrafung im Sinne von Maßregelung bei unerwünschtem Verhalten gemeint ist. Das reicht von einem einfachen Tabuisieren (NEIN) – bei Bedarf graduell zu steigern – bis hin zum vehementen Abbrechen einer unerwünschten Handlung.

Von Wölfen, wildlebenden Hunden und auch domestizierten Hunderudeln lernen wir, dass der Hund nach einer Maßregelung immer nach sehr kurzer Zeit eine "Versöhnung" anbietet, die sowohl vom Ranghöheren als auch vom Rangniederen ausgehen kann. Erfolgt dieses Versöhnungsangebot – wie in vielen Erziehungsmethoden durchaus empfohlen - nicht, hat dies Folgen für die Beziehung zwischen dem Maßregelnden und dem Gemaßregelten, die je nach Charakter des betreffenden Hundes mehr oder weniger gravierend sind. Dazu ein Beispiel: Der Welpe nagt am Schuh, ich untersage es ihm, er beendet sein Verhalten – und ich lobe ihn von mir aus oder reagiere freundlich, wenn er mich daraufhin versöhnlich anstupst.

Auch über die Erziehung in de Pubertät wurde gesprochen, die - entgegen verschiedener Erziehungstheorien - auch in dieser wilden Zeit fortgeführt werden muss, flexibler vielleicht, aber doch klar und konsequent. Mehr Geduld ist vom Menschen in dieser Zeit gefordert. Während der Pubertät ändert sich der gesamte Hirnstoffwechsel. Aus diesem Grund braucht der Hund tatsächlich mehr Zeit sich zum Beispiel daran zu erinnern: Was bedeutet denn jetzt noch mal "Sitz"? Wem es jetzt zu lange dauert, zu warten, bis der kleine Kerl sich erinnert, und das Kommando deswegen einfach mal nicht weiter einfordert, der signalisiert dem Hund: Ach, ist nicht so wichtig. Abgehakt! Man könnte auch sagen, dass während der Pubertät das "Kinderzimmer aufgeräumt" wird: Es wird festgelegt, was Kinderkram ist und was wirklich wichtig ist. Das Gedächtnis des Hundes wird nun neu strukturiert und dies macht diese Phase besonders sensibel für das Generalisieren von Erlerntem. Aufgestellte Regeln müssen deshalb gerade in dieser Zeit aufrecht erhalten werden.

Der zweite Teil des Seminars widmete sich der Ausbildung des Hundes. Hier ging es um die verschiedenen Lerntheorien, wobei ganz klar gemacht wurde, dass hier die positive Bestärkung und das Ignorieren von Unerwünschtem erfolgversprechender sind als negative Reaktionen. Während Erziehung nicht nur mit positiver Verstärkung allein möglich ist, sondern auch das Abbrechen unerwünschten Verhaltens wie oben beschrieben beinhaltet, kann die Ausbildung – als Unterstützung und Ergänzung von Erziehung und zur Förderung der Bindung zwischen Mensch und Hund – durchaus ausschließlich auf positiven Lernmethoden basieren. Ein Beispiel dafür ist das freie Formen, bei dem der Hund selbst ausprobieren darf, was erwünscht oder richtig ist. Diese Methode ist aus verhaltensbiologischer Sicht besonders effizient, d. h. der Hund belohnt sich beim Lernen und lernt so besonders nachhaltig.

Ausführlich wurden auch die Vorgänge im Gehirn beim Lernen eines Tricks erläutert… und es wurden Vorurteile zum Thema Dominanz ausgeräumt. Nicht zuletzt gab es ausreichend Gelegenheit Fragen zu stellen – auch zu ganz anderen Themen rund um den Hund – und alles wurde von Udo Gansloßer überzeugend beantwortet.


Alles in allem ein toller Tag

… und Hunde dürfen doch im Bett schlafen!

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